Wild und windig, die Küste Patagoniens

Die Straße ist schnurgerade, es gibt nicht einmal Schlaglöcher hier. Links und rechts: Buschland, Steppe, Wüste, Nichts. Trotzdem sind auch diese 300 Kilometer eine Herausforderung. Meine Augen sind starr nach vorne gerichtet, und meine  Arme angespannt und das zurecht.

Ich versuche, Emma irgendwie auf der Straße zu halten. Immer wieder muss ich dem Wind gegensteuern, jeder LKW, der entgegenkommt ist ein Risiko, von der nächsten Böe einfach in seine Seite geschleudert zu werden. Plötzlich läuft ein bunt gekleideter Mensch am Straßenrand entlang. Ein Jogger, hier? Nein, es ist ein Motorradfahrer. Einer von denen, die diese unglaubliche Strecke ans Ende der Welt auf ihren vollgepackten Maschinen bewältigen. 

Jetzt sehen wir sein Motorrad, der Wind hat es offensichtlich umgeschmissen, es liegt halb auf der Straße. Ich fahre vorsichtig auf den schmalen Randstreifen aus Schotter an die Maschine heran. Ihr Fahrer ist auch schon eingetroffen. Astrid sagt, sie wolle aussteigen und helfen. Sie öffnet die Seitentür und bekommt sie nicht mehr zu, der Wind ist zu heftig. Jetzt hilft sie dem Motorradfahrer, seine Maschine aufzurichten, stemmt sich dann mit ganzer Kraft dagegen, damit sie nicht sofort wieder umgeweht wird. Ich steige auch aus, das scheint keine einfache Geschichte zu werden. Der Wind ist eiskalt. Das Motorrad springt nicht an. Er bittet mich, Emma daneben zu fahren, damit er im Windschatten Startversuche machen kann. Das hilft, die Maschine läuft wieder. Astrid hält sie fest, bis er losfährt. Wir schauen ihm ungläubig nach. Wie kann man bei dieser Windgeschwindigkeit überhaupt mit einem Motorrad fahren?

Unsere letzten 2 Nächte haben wir im Nationalpark Monte Leon an Routa 3 an der Küste verbracht. Es war wunderschön. Wir haben gemütlich im Windschatten von Emma gefrühstückt und dank der hohen Klippe ist auch der einsame Strand nahezu windstill. Zelt aufbauen geht nicht. Schon am Eingang des Parks wurde darauf hingewiesen, dass nur Zelte aufgebaut werden können, die Windgeschwindigkeiten bis 60 Km/h aushalten. Erstmals installieren wir die Fahrerhauskabinenkoje für Astrid, die ich in Berlin konstruiert haben. Klappt wunderbar.

Doch das absolute Highlight dieses Ausflugs sind die Pinguine. Wir haben im Touristenbüro Bilder von zigtausenden, vielleicht Millionen von Pinguinen in dieser Bucht gesehen . Doch sie sind nicht ganz weit weg, wie erwartet, sondern sitzen direkt auf dem kleinen Wanderweg zu ihrer Bucht, schauen uns an, als wir vorbeikommen und legen neugierig die Köpfe auf die Seite. Ihre Jungtiere haben noch den hellen grauen Flaum, wechseln gerade zu dem schwarzen glatten, wasserfesten Gefieder. Einfach zu süß. Wir können sogar Selfies mit ihnen machen … zugegeben ist vielleicht etwas schräg. 

Und noch mehr bildschöne Tiere stellen sich immer wieder vor unseren Weg. Manchmal lassen sie sich sogar fotografieren, manchmal sind sie ganz schnell wieder weg: Seelöwen, die furchtbar stinken, Straußen Mütter mit ihrer Kinderschar kreuzen unseren Weg und Herden von Guanakos, wunderschöne Tiere, die wie eine Kreuzung aus Reh und Lama aussehen.

Die Menschen und ihre Ansiedlungen hinterlassen uns hier dagegen eher etwas ratlos. Kleine Städte wie St. Julian mit Wellblech-Häusern, die zum Teil aussehen, wie aus den ärmsten Slums, manchmal aber auch ganz hübsch sind. Die Straßen wirken stets verlassen. Und doch gibt es Tanz und Konzerte und großartige Kneipen. Viele Menschen sehen wir jedoch nicht. Dennoch, all jene die wir treffen und mit denen wir kurzen Kontakt haben sind einfach nur angenehm: Nett, unaufdringlich, hilfsbereit, entspannt … ich mag dieses Volk!

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Kontakt: flaschenpost@weiberwirsind.com

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