Wir sind mitten auf dem Atlantik und es ist heiß. Dazu noch nahezu windstill. Ich hätte nie gedacht, dass es auf dem Ozean so heiß sein kann. Ich hatte diese Überfahrt immer mit hohen Wellen, Wind und Wolken gedacht. Hatte mich sogar gefragt, ob es Sinn macht, Badezeug einzupacken, denn sicherlich würde es erst wärmer werden, wenn wir in Brasilien sind und dann wären ja nur noch wenige Tage bis Buenos Aires. Jetzt weiß ich kaum wohin mit mir.
An Deck ist es nicht nur zu heiß, die Szenerie, die sich dort vor meinen Augen ausbreitet, ist gleichzeitig so abstrus, wie abschreckend. Tausende Menschen tummeln sich hier auf Liegen, in 2 kleinen Schwimmbecken und zwei Whirlpools. An Tischen spielen argentinische Familien und Freundeskreise Domino, Scrabble, Karten. Es ist laut, Musik wummert aus allen Lautsprechern, die Menschen schreien, brüllen vor Vergnügen oder vielleicht, weil sie sich eben nunmal so unterhalten. Auf der Pool Bühne übernimmt jetzt ein Animateur das Mikrofon und ruft zur Mambo-Tanzstunde. Ca. 50 Rentnerinnen und Rentner in bunten Bermudashorts, knappen Bikinis und teilweise recht ausladenden Bäuchen schwingen mit Begeisterung die Hüften nach Kommando. Ich muss an die Schnecke denken. Die Schnecke im Labor von Dr. Phlox auf dem Raumschiff Enterprise. Hoshi Sato, die Dolmetscherin, hat sie von der Oberfläche eines neu entdeckten Planeten mitgebracht. Doch der Schnecke geht es irgendwie nicht gut. Hoshi und Dr. Phlox sind verzweifelt. „Sie gehört einfach nicht in diese Umgebung.“ Sagt Hoschi und bereut, dass sie „Schneckchen“ an Bord gebracht hat. Ich schaue durch das Bullauge aus unserer Kabine aufs Meer: Wasser, Wasser und noch mehr Wasser. Vielleicht bin ich eine Nacktschnecke und irgendwer hat mich an Bord dieses Schiffes entführt? Später treffen wir uns mit unseren Tischgenoss*innen auf Deck zu einer Partie Shuffle. Ein nettes Spiel. Es hat etwas abgekühlt, das Essen ist eigentlich ganz gut. Der Sonnenuntergang traumhaft schön. In der Karaoke-Bar sind echte Gesangstalente am Werk, der Wein ist mittelmäßig und absurd teuer. Gut, daß ich mir ein paar Folgen von Raumschiff Enterprise runtergeladen habe. Dr. Phlox sagt zu Hoshi: „Man kann von jeder Lebensform etwas lernen.“
Was wäre der Kreuzer ohne sie, die, die unablässig vor unseren Augen und auch im Verborgenen sich um unser Wohl und unsere Sicherheit kümmern. Diskret im Hintergrund arbeiten die Techniker und das Küchenpersonal, sichtbar sind die im Service, die das Buffet, dass sich unablässig leert, wieder auffüllen, die Überreste mit manchmal noch fasst vollen Tellern einsammeln und nach hinten buxieren. Der "Betreuungs-schlüssel "ist hier besser als in machen Pflegeheimen.
Wir haben den Eindruck, dass viele Passagiere hier eine lange Hungerperiode durchstehen mussten und die Kreuzfahrt einzig und alleine wegen des Essens gebucht haben. Es bilden sich schon vor den Öffnungszeiten der diversen Restaurants Warteschlangen und das Buffet, das im Grunde genommen den ganzen Tag offen ist, wird ausgiebig besucht. Aber nein, die Landgänge sind auch wichtig und mit vollen Papiertragetüten wird das Schiff dann wieder bestiegen.
In den Bars wir in dieser Zeit der Soundcheck durchgeführt und die Choreografie nochmal besprochen und durchgetanzt.
Tagsüber ist das Schiff nicht so überlaufen und es finden sich immer ein paar Decks die fast menschenleer sind. Im Grunde kann man es so zusammenfassen: je näher die Futtergrippe desto höher das Aufkommen, je näher die Sportzonen, desto geringer.
An den Decks ohne direkten Zugang zum Amüsement oder Essen finden sich die ein, die hier arbeiten und den Einlauf in den Hafen nutzten um mit ihren Liebsten zu hause zu telefonieren, auch ich hab hier dann die Gelegenheit mit meinem Smartphone die immer dünner werdende digitale Nabelschnur abzurufen; wenn wir die Kanaren hinter uns lassen ist damit Schluss.
Nach dem Ablegen von Las Palmas / Gran Canaria sind wir noch langen steuerbord an den Inseln vorbei “gesegelt“ - sie sprechen immer vom Segeln, obwohl noch nicht einmal irgendeine Flacke im Winde weht - danach aufs offene Meer.
Sechs Tage auf See, das ist schon irgendwie eine Herausforderung. Nicht so sehr wegen der unendlichen Weite der beiden „blauen Elemente“ sondern eher der Unausweichlichkeit anderen Mitreisenden gegenüber. Auch wenn wir nicht wirklich viel mit ihnen zu tun hatten und die, die wir kennengelernt haben wirklich nett waren waren wir nicht immer auf Halligalli und Kontakte aus. Die kleinen Fluchten, die wir auf dem Schiff entdeckt und genutzt haben wurden natürlich auch im Laufe der nautischen Seemeilen auch von andern entdeckt und genutzt.
An einem Abend war der Wind einigermaßen heftig und die Luftfeuchtigkeit kurz vor Regen, und die Mannschaft hat schon mal vorsichtshalber in den Gängen und Treppenaufgängen Kotzbeutel ausgelegt - für die Warmduscher aber wir sind nach dem Abendessen trotzdem unsere Verdauungsrunden oben auf Deck 14 auf der „Joggingstrecke“ abmarschiert .
Zwei Seetage vor dem Kontinent waren sie wieder da, die Möven. Ich frage mich immer, was in deren kleinen Köpfchen so vor geht. Futter kann es nicht wirklich sein, das sie hier erwarten und erbeuten. Vielleicht ist es einfach der Spaß an der Abwechslung und das Mitsegln im Fahrtwind. Jedenfalls war der Atlantik wirklich gnädig mit uns Landratten umgegangen, die Überquerung war wirklich sehr ruhig ( die Taxifahrten in Buenos Aires sollten holpriger werden) und nach sechs Tagen und sieben Nächten die ersehnte Ankunft in Südamerika und erstmal Landgang in Salvador.
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