Endlich spüre ich etwas, das mich wirklich fesselt. Ein besonderer Moment, als ich die alten Schätze der Manzana Jesuitica bewundere. Bücher von unschätzbarem Wert, historische Kunstwerke der Gelehrsamkeit. Ein Windhauch der Geschichte hat mich erreicht und ich fange an diesen Ausflug zu genießen. Cordoba erschließt sich für mich erst auf den zweiten Blick. Dabei wird sie hochgelobt, die zweitgrößte Stadt Argentiniens.
Universitätsstadt, Stadt mit historischen Kolonialbauten und eine Schönheit, so liest es sich oft. Tatsächlich sind wir erst einmal gefangen in einer überfüllten Fußgängerzone bei unerträglich heißen Temperaturen, suchen nach einem Café im Schatten. Da bleiben wir eine Weile, bis wir uns das erste Ziel herausgesucht haben. Die opulent gestaltete "Catedral de Córdoba" des 16. Jahrhundert mit aufwendigen Deckenfresken und vergoldeten Altar ist erschlagend und düster in ihrer Pracht. Kolonialgeschichte und Katholizismus sind untrennbar und tief verwurzelt in der Geschichte dieser Stadt. Und so bleibt es nicht die einzige Prachtkirche heute, die wir besuchen.
Cordoba feiert seine Kolonialgeschichte, schwärmt von dieser Zeit der Eroberung und Unterdrückung. Und doch, gerade die Geschichte der Jesuiten ist spannend. Sie kamen nach den Konquistadoren auf diesen Kontinent, nachdem andere Missionare hier schon mit wenig Erfolg gewütet hatten unter den Indigenen. Die Jesuiten erfanden einen neuen Weg der „sanften Missionierung“. Sie lernten die Sprache der Ureinwohner und erfanden die „Reduktionen“, Siedlungen, in denen sie versuchten, die Indigenen sesshaft zu machen, ihnen Arbeit zu geben und dabei ihre Kultur weiter leben ließen. Ein erfolgreiches „Inklusionsrezept“, auch deshalb, weil der Übertritt zum Christentum, der beste Schutz vor Sklaverei für die Menchen wurde. Denn die Jesuiten waren gegen die Versklavung der Indigenen, wenngleich sie etwas globaler betrachtet zu den größten Sklavenhaltern der Geschichte gehören…
Die Estancias und Reduktionen der Jesuiten waren ganz nebenbei auch wirtschaftlich sehr erfolgreich. Und so blieb es nicht aus, dass die Spanier neidisch wurden auf den „Jesuitenstaat“. Die spanische Krone verlangte nach mehr Einfluss und der Papst entzog dem Orden schließlich seine Unterstützung. Die Jesuiten mussten gehen. Sie haben ein reiches Erbe in Südamerika hinterlassen. Schließlich waren sie es, die das Land erforscht und landwirtschaftlich kultivier haben, die die ersten Bildungsstätten und die erste Universität des Kontinentes gründeten und den ersten Weinstock pflanzten. Der Wein hier ist, nebenbei bemerkt, wirklich sehr gut …
Und Cordoba ist lebendig geblieben, dank der Studenten. So gibt es auch Aspekte des Heutigen, die hier ihren Platz haben. Das "Museo de las Mujeres" z.B. widmet sich weiblicher Kunst und weiblichen Protesten
, aber auch der Situation und dem Kampf von Transsexuellen, das "Paseo del Buen Pastor" ist ein Zentrum für Kunst und Kultur und ein Treffpunkt für junge Menschen mit zahlreichen Cafés und Bars ringsherum. Spuren von Indigener Kunst und Kultur sehen wir leider heute nicht. Doch wir sind nur ein paar Stunden hier und es gäbe wohl noch viel zu entdecken. Für uns bleibt es ein kurzer Einblick und dennoch ein wichtiger Zwischenstopp auf unserem Weg, dieses Land zu verstehen.
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